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Landrat: "Das ist alles irre"

22.11.2013

Entwicklungen in Sachen A 98

Nicht nur Tilman Bollacher entsetzt über die neuesten Entwicklungen in Sachen A 98 / Rita Schwarzelühr-Sutter verblüfft mit völlig neuer Erklärung.

- von Felix Held | Badische Zeitung (22.11.2013) -


BAD SÄCKINGEN. Die Wellen schlagen hoch am Rhein. Nachdem die Landesregierung am Mittwoch ihre Entscheidung mitteilte, den Weiterbau der A 98 zwischen Schwörstadt und Tiengen nicht auf ihre Prioritätenliste für den Bundesverkehrswegeplan zu setzen, zeigen sich die Betroffenen vor Ort entsetzt. Auf Unverständnis traf vor allem die Entscheidung, die A 98 auf eine Sonderliste zu setzen.
Landrat Tilman Bollacher fand deutliche Worte: "Ich bin total enttäuscht von der zuständigen Staatssekretärin, Frau Splett, vom Ministerium für Verkehr und Infrastruktur und von der Landesregierung. Ich bin empört, dass jetzt eine Kategorie geschaffen wird, die Sonderfälle heißt. Es gibt ja keinen Sondertopf mit Geld." Die Landesregierung verstecke sich jetzt hinter der neuen Kategorie, weil sie nicht zugeben wolle, dass am Hochrhein nicht gebaut werden soll. "Wir sind jetzt an einem Punkt im Projekt, wo es darum geht, dass am Hochrhein gar keine leistungsfähige Straße gebaut werden soll. Mit allen Auswirkungen für die Wirtschaft am Hochrhein. Das ist alles irre", empörte er sich. Noch schlimmer sei, dass es ein Bürgerforum gebe, in dem es um den Autobahnbau und um die Trassenfindung gehe. "Wozu macht man so ein Forum, wenn man die Straße gar nicht will", fragte Bollacher. Zur Aussage von Splett, dass eine Autobahnvariante und mindestens eine Bundesstraßenvariante angemeldet werden sollen (siehe Interview Seite 21), sagte der Landrat: "Davon höre ich zum ersten Mal."

Besonders verärgert zeigte sich Bollacher vor dem Hintergrund, dass der Regionalverband Hochrhein-Bodensee, die Landkreise Lörrach und Waldshut, die Kommunen Rheinfelden, Bad Säckingen, Wehr und Schwörstadt am Montag eine gemeinsame Stellungnahme zur verkehrswirtschaftlichen Untersuchung der A 98 an die Staatssekretärin geschickt hatten. Darin war man sich einig, dass der A 98 zur "Sicherstellung und Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandorts und zur Erschließung und Entlastung der Städte und Gemeinden am Hochrhein die höchste Priorität einzuräumen" sei. Alle betonten, dass sie zum einen die Autobahn und zum anderen die Konsens-Trasse unterstützen. "Dieser Schulterschluss ist einmalig, mit diesem Votum kann eine A 98 am Hochrhein bestmöglich mit regionaler Unterstützung umgesetzt werden. Der bisherige Vorwurf, die Region sei sich nicht einig, wurde eindrücklich widerlegt. Es ist fatal, wenn dieser Rückenwind aus der Region nun seitens des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur nicht genutzt wird", so Bollacher.

Ebenso groß ist die Empörung bei den CDU-Abgeordneten der Region. Die Bundestagsabgeordneten Thomas Dörflinger und Gabriele Schmidt sowie der Landtagsabgeordnete Felix Schreiner überschrieben ihre Pressemitteilung mit "Grün-Rot will die Beerdigung der A 98". "Außer den Grünen hat die Notwendigkeit einer Autobahn am Hochrhein niemand in Frage gestellt", sind sich die Abgeordneten einig. "Das Ergebnis ist in jedem Fall mehr als ein Tritt vor das Schienbein der Region. Der Hochrhein wird das Schlusslicht von ganz Baden-Württemberg", so Schreiner. Der SPD-Landtagsabgeordnete Alfred Winkler betont die Wichtigkeit der A98 als Lückenschluss: "Wenn die Lücken nicht geschlossen werden, macht das ja gar keinen Sinn mehr."

Sauer ist auch der Bad Säckinger Bürgermeister Alexander Guhl. "Diese Sondersituation, von der man hier redet – mir ist überhaupt nicht klar, wo es hier einen Sonderfall geben soll", erregte er sich. Er betonte, dass sich die Region geschlossen für die Autobahn und die Konsenstrasse ausgesprochen habe. Das unterstrich auch Michael Thater. "Wenn das Land schnell eine Entlastung für den Hochrhein wollte, dann bräuchte es nichts anderes zu tun, als das, was im bisherigen Bundesverkehrswegeplan steht, zu übernehmen", betonte der Wehrer Bürgermeister. Stattdessen habe das Land erst entschieden, den Großteil der Mittel für den Bundesverkehrswegebau in Autobahnen zu stecken. Dann entscheide es, dass die B 31 in Freiburg zur Autobahn aufgewertet werden soll. Und dann werde am Hochrhein über die Abstufung der A 98 zur Bundesstraße diskutiert. "Wer eins und eins zusammenzählt, merkt, dass hier in dramatischer Weise Klientelpolitik betrieben wird."

Eine ganz andere Sicht der Dinge präsentierte die SPD-Bundestagsabgeordnete Rita Schwarzelühr-Sutter und berief sich auf eine Quelle auf Landesebene, die sie nicht nennen wollte: Die A 98 sei als Sonderfall ausgewiesen worden, "weil sie auf der normalen Liste so weit hinten gestanden hätte, dass sie keine Chance auf Verwirklichung gehabt hätte". Als Sonderfall seien die Chancen nun besser. Diese Begründung höre er zum ersten Mal, sagte Walter Scheifele, Verkehrsdezernent im Landratsamt, am Donnerstag der BZ. Schwarzelühr-Sutter kündigte an, im Bundestag "parteiübergreifend den Schulterschluss mit den Abgeordneten aus der Region" suchen zu wollen.


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